Aktuelle Andacht
Warum das alles?
Diese Frage drängt sich mir immer wieder auf. Dieses Leben, diese Welt, dieses viele Schlechte, Mühsame und Anstrengende. Warum nur kann es nicht einfacher sein? Warum müssen wir jeden Tag aufstehen, zu unchristlichen Zeiten und uns so früh in die Schule setzen? Mir geht es dabei noch sehr gut. Ich will dieses Bangen und das viele Lernen, dass ihr jetzt vor Euch habt, nicht nochmal erleben.
Und das ist noch nicht einmal besonders schlimm, wenn man sich diese Welt ansieht.
Keine Angst, ich werde mir nicht anmaßen, eine Antwort auf das Leid dieser Welt zu geben, schon gar nicht in einer kurzen Predigt im Jahrgangsgottesdienst. Mit der sogenannten Theodizeefrage habt Ihr Euch bereits beschäftigt oder werdet Ihr Euch im Reliunterricht noch befassen müssen. Letztendlich müsst Ihr, müssen wir alle durch unser Leben eine eigene Antwort auf diese Welt, so wie sie ist oder sein sollte, geben.
Ich kann nur versuchen, mir aufgrund der uns hier als Wort Gottes angebotenen Texte ein paar Gedanken zu machen. Wir Christen glauben, Gott hat diese Welt geschaffen und wir glauben, dass Gott sie so geschaffen hat, wie er sie geschaffen hat. Und Gott hat diese Welt zumindest zu Beginn als sehr gut befunden. Damit hat er sich einen ganz schön großen Schlamassel eingebrockt. Diese Menschen, die sich dauernd danebenbenehmen. Sich selbst, gegenseitig und seiner Schöpfung andauernd Schaden zufügen. Zu Beginn heißt es nur, dass Gott einfach Bock dazu hatte.
Die Aussage: „Lasst uns Menschen machen“, klingt wie so ein spontaner Einfall bei dem die Folgen nicht so recht abzuschätzen sind. Und dann glauben wir Christen auch noch, dass dieser Gott, der sich diese Menschen eingebrockt hat, sogar selbst einer von denen wird. Klingt ganz schön bescheuert. Als Christ kann ich aus vollem Herzen nur sagen: „Ist aber so.“
Warum? Tja, weil ich dran glaube. Weil Menschen, denen ich vertraue, auch daran glauben. Und, weil ich Dinge gehört, gespürt, erlebt habe, die dafür sprechen, dass es so ist. An die Frage warum das so ist, bin ich jetzt noch gar nicht herangekommen. Man könnte auch sagen, dass es, wenn man so überzeugt davon ist, gar keine Erklärung mehr braucht. Doch das wäre meines Erachtens zu kurz gedacht. Ich selbst habe die Sehnsucht in mir, diesen Gott näher kennenzulernen und mit ihm in Beziehung zu treten. Und dazu gehört auch ihn zu fragen, was das alles soll.
Eine gute Quelle dafür ist das, was wir Christen als Wort Gottes verstehen. Die Bibel als Zeugnis von Menschen, die mit Gott etwas erlebt haben und ganz besonders das Evangelium als Zeugnis von dem, den wir als menschgewordenen Gott glauben, kann uns doch wohl etwas über diesen Gott und seine Absichten erzählen. Das ist jedoch nicht immer ganz einfach rauszukriegen. Weil es unperfekte Menschen waren, die etwas mit Gott erlebt haben und wieder andere unperfekte Menschen, die das aufgeschrieben und gedeutet haben. Aber das auf dieser Welt vieles nicht so einfach ist, daran haben wir uns ja hoffentlich schon gewöhnt. Dieses Gebet aus der Abschiedsrede Jesu an seine Jünger im Abendmahlssaal gibt meines Erachtens verdichtet wieder was Gott, hier in der Person Jesu, eigentlich will.
Also: Warum das Alles?
Jesus spricht davon, dass alle eins sein sollen. Es geht ihm um Gemeinschaft. Gott möchte eine Beziehung aufbauen, er möchte uns begegnen. Das finde ich als Begründung schlüssig. Gott selbst zeigt sich als Gemeinschaft. Vater, Sohn und Heiliger Geist. Das Wesen Gottes ist es, nicht allein zu sein. Und so könnte Gott sich selbst genügen. Doch möchte er sein Dasein teilen. Er schafft die Welt und schafft den Menschen, mit dem er eine Beziehung möchte. Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber sagte: Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Wenn wir aufhören, uns zu begegnen, ist es, als hörten wir auf zu atmen." Wenn das Leben von Gott kommt, kann das Leben nur Begegnung sein, weil Gottes Wesen gemeinschaftliches Begegnen ist.
Der Heilige Bernhard hat das auch so gesehen und in anderen Worten wie folgt ausgedrückt: „Denn wenn Gott liebt, so will er nichts anderes, als geliebt werden. Zu keinem anderen Zweck liebt er, als um geliebt zu werden, denn er weiß, dass alle, die ihn geliebt haben, in dieser Liebe selig werden.“
So und nun kommt die Frage, warum die Welt so ist, wie sie ist.
In Bezug auf alles Menschengemachte kann ich nur sagen, dass, wenn alles gut und schön wäre und der Mensch sich immer gut verhalten müsste, dann wäre keine echte Begegnung, keine echte Gemeinschaft möglich. Das wäre ja erzwungen. Zu einer gemeinschaftlichen Beziehung gehört untrennbar die Freiheit. Die Freiheit, tun und lassen zu können was man will.
Jetzt kommt die Verantwortung vom Anfang ins Spiel. Handlungsfreiheit zu haben beinhaltet auch die Freiheit, Fehler zu machen. Entbindet uns aber nicht von der Verantwortung für das, was wir tun und lassen. Ebenso nicht von der Verantwortung für unsere Fehler einzustehen. Wir haben auch die Freiheit, die Einladung Gottes nach einer Beziehung anzunehmen oder abzulehnen. Oder sie so zu gestalten, wie wir das möchten. Gott ist da meiner Erfahrung nach ein sehr geduldiger Partner.
An uns liegt es, eine Antwort auf das Beziehungsangebot zu geben.
Auch wenn wir uns gegen Gott entscheiden sollten, ist da immer noch die Welt so, wie sie ist. Die zu ignorieren, ist nicht so leicht, da wir in ihr leben. Also zwingt uns die Freiheit dazu, hier eine Antwort zu geben. Und ich behaupte, diese Antwort wird daran gemessen, ob sie die Welt für unsere Mitmenschen besser macht oder nicht.
Ich freue mich immer, wenn ich Menschen begegne, die für eine bessere Welt im Großen oder Kleinen jeden Tag aufstehen. Je mit ihren eigenen Möglichkeiten, Grenzen und Fehlern.
Ich wünsche Euch, dass ihr gute Wege findet, an dieser Welt mitzubauen.
Amen
Christoph Marggraf
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