Momente tiefen inneren Friedens

Die eben gehörten Texte werden normalerweise am 02. Februar gelesen, an dem eigentlich dieser Gottesdienst stattfinden sollte, an Mariä Lichtmess. Dieser Begriff geht zurück auf eine Lichtprozession in Rom im 5. Jahrhundert. Sie sollte einen alten heidnischen Ritus verdrängen und erinnert an das Wort des Simeon, der das Kind als „ein Licht, das die Heiden erleuchtet und Herrlichkeit für das Volk Israel bringt“ genannt hat. Eigentlich heißt es das „Fest der Darstellung des Herrn“.

Früher setzte dieser Tag einen endgültigen Schlussstrich unter den Weihnachtsfestkreis. Heutzutage, und das liegt nicht nur an unserer schnelllebigen Zeit, die schon während des einen Festes bereits an das nächste Fest denkt, ist es eher das „Epiphaniasfest“, das „Fest der Heiligen Drei Könige“, das den Festkreis mehr oder weniger beschließt.  Aber letztlich geht es um viel mehr, als nur darum, dass Weihnachten zu Ende ist.

Wir sind schon wieder in einer neuen Vorbereitungszeit, nämlich die Zeit, die hin zu Ostern führt, der Passions- und Fastenzeit.

Der biblische Hintergrund des Festes reicht bis in die Zeit des Auszugs des Volkes Israel aus Ägypten zurück. In Erinnerung an diesen Auszug war der Erstgeborene das Eigentum Gottes und wurde Gott darum im Tempel übergeben oder anders gesagt „dargestellt“, eine sprachliche Formulierung, die wir heute nicht mehr so benutzen würden. Ja, und dann wurde der Erstgeborene, es war übrigens wirklich nur der und nicht die Erstgeborene, durch ein Geldopfer wieder ausgelöst.

Mit diesem Ritus verband sich dann noch ein zweiter. Die Frau, die nach der Geburt eines Kindes als unrein galt, übergab einem Priester ein Schaf oder Tauben, als ein Reinigungsopfer und daraufhin war sie kultisch wieder rein, konnte sie wieder am sozialen und religiösen Leben teilnehmen.

Der Evangelist Lukas schildert ziemlich ausführlich, was bei der Darstellung Jesu im Tempel geschieht, wie der greise Simeon und die Prophetin Hanna in dem Kind den erwarteten Messias erkennen und sein Schicksal prophezeien. Man könnte sagen, in diesen beiden begegnet das alttestamentliche Gottesvolk dem Erlöser. Darum heißt dieses Fest auch in der Ostkirche übertragen eher so viel wie „Begegnung“. Und dann spielen in solchen Zusammenhängen natürlich immer biblische Zahlen eine große Rolle. In diesem Sinne ist dieses Fest 40 Tage nach Weihnachten das letzte in der Reihe, das die Menschwerdung Gottes feiert. Und der Lobgesang Simeons ist nicht nur irgendein Text, den man vielleicht eben an Lichtmess liest, sondern er ist Teil des Nachtgebets der Kirche, und damit merkt man auch, dass dieses Ereignis weit mehr ist, als nur irgendeine kleine Geschichte, sondern etwas ganz Entscheidendes im Leben der Kirche darstellt.

Ein Text, eigentlich ein Lobgesang, der mich, wenn ich ihn konsequent bete, jeden Tag wieder mit Gott, mit seinem Sohn begegnen lässt. Das nennen wir einen mitlaufenden Anfang, etwas, das nicht zurückbleibt, sondern uns begleitet.

Es fällt manchmal schwer dies wahrzunehmen, angesichts des Redens und Handelns um uns herum.

Aus der Geschichte mit Hanna und Simeon wird deutlich, dass Glaube in erster Linie Beziehung ist. Simeon hat ein Leben lang auf diesen einen Augenblick gewartet, in dem er dem Messias begegnen wird. Das war seine Sehnsucht und nun in diesem Moment nimmt er wahr, dass Israels Gott seine Verheißung wahr gemacht hat, er sendet seinen Boten, seine leibhaftige Zusage.

Für Simeon ist es wahrscheinlich so ein Augenblick, den es im Leben vieler Menschen gibt. Einer in dem alles stimmt. Ein Moment in dem man sich wünscht, dass die Zeit stehen bleibt.

Ein Moment, wo man gar nichts anderes mehr braucht, in dem man spürt, dass man nicht mehr allein ist, dass da jemand mit an der Seite ist und beisteht. Das kann in jeder Lebenslage, in jeder Lebenssituation, in jedem Lebensalter sein, das ist der Moment, wo man erleben darf, dass ein Stück eines neuen Lebens beginnt.

Es ist dabei ganz unabhängig davon, wie alt man ist. Es sind die Momente die einen tiefen inneren Frieden schenken, weil man ahnt, man braucht nicht mehr, als das, was gerade da ist oder wie man leider viel zu oft und lapidar daher sagt: Wo alles gut ist.

Aber eben das hat mit Beziehung zu tun beziehungsweise sind wir wieder bei dem Begriff der „Begegnung“ und Beziehungen ergeben sich aus Begegnungen. Solchen, die wir miteinander haben unter den Menschen genauso wie die Begegnung mit Gott, mit Jesus Christus.

Wer darauf wartet und wer dann die Nähe Gottes zulässt, der darf wissen, dass bei ihm Frieden ist, Geborgenheit und Nähe.

Darum dürfen wir auch heute in der Fastenzeit noch einmal über etwas Weihnachtliches nachdenken, dass doch eigentlich etwas Alltägliches ist. Und wie uns die Adventszeit zu Weihnachten führt und Mariä Lichtmess diese Zeit beendet, gehen wir durch die Passionszeit auf Ostern zu, was letztlich auch nur eine weitere Station unseres Lebens sein wird, aber bis dahin wünsche ich uns allen viele Begegnungen und Beziehungen.

Und der Friede Gottes, der höher ist, denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Pfr.i.E. Kay Lohse