Sperren wir das Geheimnis nicht ein

Seit Montag wird aus dem Markusevangelium gelesen. Wir nehmen uns für das Bibellesen ja leider viel zu wenig Zeit, würden wir uns an solche Leseordnungen halten und demzufolge jeden Tag einen kleinen kurzen Bibeltext lesen oder hören, hätten wir relativ schnell ein ganzes Evangelium gelesen, aber statt sich jeden Morgen diese wenigen Minuten Zeit zu nehmen, verschieben wir das Lesen der Bibel lieber auf später, bis wir irgendwann einmal Zeit dafür zu haben meinen.

Dann fangen wir an und nach wenigen Seiten geht uns die Puste aus, statt schön gemütlich Häppchen für Häppchen jeden Tag ein wenig zu genießen. Naja, ich möchte mal kurz den Blick auf die letzten 3 Tage bis heute werfen.

Am Montag begann das Ganze mit der sogenannten Berufung der Zwölf, also wie Jesus in Galiläa unterwegs war, am See Genezareth und dann die Leute entdeckte, von denen er meinte, dass sie sich mit ihm auf den Weg machen würden, die Jünger.

Am Dienstag folgte dann die erste Heilungsgeschichte. Da ist Jesus am Sabbat in einer Synagoge und lehrte die Menschen das Wort Gottes, als dabei plötzlich ein Mann anfängt herumzuschreien und klar wird, dass er von einem bösen Dämon besessen ist. Jesus befreit den Mann von dieser Last und die Leute staunen, was er alles kann, nicht nur predigen.

Aber etwas viel Wichtigeres wird da noch mitgeteilt, nicht irgendwo oder irgendwann passiert das, sondern am Sabbat in der Synagoge. Da wo das Leben beginnt, wo die Woche und die Menschen ihren Anfang nehmen und lernen, was Gott für ihr Leben will. Jesu Handeln beginnt an dem Tag und dort, wo Gott im Mittelpunkt steht und alle anderen Ansprüche zu schweigen haben.

Und gestern, da wird von dem Besuch Jesu bei Simon Petrus erzählt und dass er dort dessen Schwiegermutter heilt. Die lag mit Fieber krank im Bett und Jesus kommt, fast sie bei der Hand und sie ist wieder gesund.

Und nun, heute, da ist Jesus irgendwo unterwegs und der Kranke sucht ihn und rennt gleich auf ihn zu um ihn zu bitten, dass er geheilt werde. Er, der gar nicht dort sein dürfte.

Der Aussätzige hält sich nämlich nicht an die Regeln. Er sollte in Quarantäne sein und kommt doch einfach so zu Jesus. Dabei sollte er fernab sein von den Häusern, damit sich niemand ansteckt, aber er geht offensichtlich dorthin, wo viele Menschen sich um Jesus drängen. Ja, er wartet noch nicht einmal, bis er aufgerufen wird, sondern rennt sofort zu Jesus, vielleicht auch aus Angst. Schnell sein, ehe ihn wieder jemand wegschickt, und dann fällt er auf die Knie und fleht Jesus an.

Skurril, gegen alle Regeln, aber irgendwo nachvollziehbar, was dann aber geschieht ist es weniger. Er heilt mit einer einzigen Berührung den Mann und fordert ihn auf sich von den Priestern seinen Genesungsstatus bestätigen zu lassen, aber ansonsten nicht darüber zu reden.

Also ein Geheimnis für sich zu behalten, das ist manchmal gar nicht leicht, aber ein Geheimnis ist ein Geheimnis. Aber andere Sachen, die erzählen wir doch allzu gern, zum Beispiel wenn uns etwas Gutes widerfahren ist, wenn wir erfolgreich waren oder etwas bekommen haben. Ich war Weihnachten so aufgedreht, das ich danach ganz vielen Leuten sagen musste, was ich bekommen habe, weil ich es so schön fand. Um wieviel mehr muss ein Mensch glücklich sein, der krank war, dadurch sozial ausgegrenzt und isoliert leben musste, wenn er nun plötzlich wieder gesund ist und am öffentlichen Leben teilhaben darf, Freunde wieder treffen kann und alles tun, was ihm so lange verwehrt war.

Ob der Mann zu den Priestern ging bleibt offen, wir werden es nie erfahren, aber es erscheint sinnig, denn erst deren Urteil nimmt den Mann wieder in die Gesellschaft auf. Eines aber ist ganz sicher. Er hat über das, was da mit Jesus geschehen ist, nicht geschwiegen, sondern genau das Gegenteil gemacht. Aller Welt erklärt er, dass er, der einmal aussätzig war, nun wieder rein ist und wer das gemacht hat, nämlich Jesus.

Sein Regelbruch ist eigentlich auch ein Verrat eines Geheimnisses. Aber dadurch, dass er es machte, erfahren wir etwas, was wir sonst nicht wüssten. Doch hier geht es nicht um Neugier, sondern der Mann zeigt uns das Geheimnis Jesu. So wie Gott die Welt berührt und das Leben beginnt, sinnbildlich jeden Sabbat in der Synagoge und jeden Sonntag in der Kirche wieder neu, so ist auch die Berührung durch Jesus etwas, das alles wieder neu macht.

Wer sich von ihm berühren lässt, der bekommt eine Ahnung von dem, wie Gott das Leben neu macht und diese Welt erneuert. Das Geheimnis des Glaubens ist groß, aber es ist offen für die, die Jesus suchen.

Das Ganze begann in der Synagoge, dann kommt Jesus zu einem Freund ins Haus und am Ende verbreitet sich die Botschaft auf den Straßen. Sperren wir das Geheimnis nicht ein. Nicht in Kirchen und Kapellen und nicht anderswo, denn wo wir auf die Straße gehen und von diesem Geheimnis sprechen und danach leben, dort wird es auch sichtbar für andere.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Pfr.i.E. Kay Lohse