Dem Himmel ein Stück näher

Die Geschichte, so denke ich, wird wahrscheinlich jeder kennen. Sie gehört sicherlich zu einer der bekanntesten Geschichten aus der Bibel. Vielleicht liegt es daran, dass es sie gleich mehrmals gibt, denn da gibt es ja die Geschichte von der Speisung der 4000 und die Geschichte von der Speisung der 5000.

 

Es gibt die Geschichte in allen 4 Evangelien, insgesamt 6-mal. Aber vielleicht liegt es auch einfach daran, dass die Geschichte so etwas Märchenhaftes hat und uns ein wenig ans Schlaraffenland erinnert, wo einem ja bekanntlich die gebratenen Hühnchen von allein in den Mund fliegen. Tja, tut mir leid liebe Vegetarier, aber das Schlaraffenland ist eben voller leckerer gebratener Sachen und nicht vegetarisch.

Aber ich denke, das ist nicht so wichtig, also zurück zu Jesus, er hat den Menschen kein leckeres Festmahl vorgesetzt, was er sicher hätte machen können, sondern das, was der Mensch zum Leben braucht und ihn satt macht.

In diesem Fall waren es die Produkte, welche man zur Zeit Jesu bevorzugt aß, nämlich Brot und Fisch.  

Wir sind ja gerade einer Zeit, wo es weniger darum geht, ob man satt wird, sondern viel mehr so viel wie möglich leckere Sachen zu essen. Und selbst die, welche ansonsten auf Fleisch und Wurst verzichten, aus welchen Gründen auch immer, die schwelgen und schlemmen in leckeren Süßigkeiten von Schokolade bis Lebkuchen auch ganz auf Schlaraffenlandart. Und das ist auch gar nicht schlimm und hin und wieder sollten wir uns das auch leisten, solange wir darüber nicht vergessen, wie gut es uns geht.

Wir hören in den Nachrichten so viel über Krieg und Leid und Not und gerade in der Adventszeit sind die Menschen dann besonders ansprechbar für Spendenaufrufe und allerlei Hilfsdienste, die man unterstützen soll. Und auch das ist gut doch die Frage, die sich immer wieder stellt, warum wir im Alltag die so oft vergessen, die da auf unsere Hilfe angewiesen sind?

Jesus ist bei den Menschen in ihrem Alltag, bei dem was sie täglich bewegt, an den Orten, wo sie täglich unterwegs sind, dort wo sie arbeiten und leben. Und so ergibt sich der Umstand, dass die Menschen um Jesus genau zu dieser Zeit an diesem Ort etwas nötig haben und Jesus erkennt ihre Not und handelt.

Und was können wir daraus lernen? Viele von uns warten gerne auf den richtigen Moment. Wann tue ich etwas Bestimmtes, um den größten Vorteil daraus zu ziehen, wo bringe ich mich ein, um das meiste herauszuholen, wo engagiere ich mich, um das reichlichste Lob abzubekommen? Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass die Menschen gerade in der Adventszeit Gutes tun, weil ihnen die Not anderer deutlicher als sonst übers Jahr vor Augen steht. Aber eines ist auch Fakt, glauben wir nicht allzu oft, dass wir besonders viel Bonuspunkte erhalten, wenn wir gerade im richtigen Moment das Richtige tun, um damit dem Himmel ein Stück näher zu kommen.

Ich denke in der Geschichte steckt sehr viel mehr drin alles nur diese wundersame Vermehrung von Brot und Fisch und die Tatsache, dass die Menschen satt werden. Ich würde fast behaupten, das ist eher ein Nebeneffekt. Die Geschichte beginnt damit, dass es heißt, Jesus steigt auf einem Berg. Wir wissen alle, dass man auf einem Berg stehend einen viel besseren Überblick hat. Man sieht ziemlich genau, wo man herkam und wo das Ziel liegt, wo man hin will. Man kann zurückblicken auf die Strecke, die man schon gegangen ist und die sehen, die noch vor einem liegt. Klar, dies geht nur, wenn es nicht nur ein kleiner Hügel ist, sondern ein richtiger Berg, dann aber hat es etwas Erhabenes dort oben zu stehen, die Luft ist ganz klar und rein, man ist wie man sagt dem Himmel ein Stück näher. In den biblischen Geschichten sind Berge immer bevorzugte Orte, wo sich interessante Geschichten abspielten, man denke nur an Abraham, der seinen Sohn Isaak auf einem Berg opfern sollte, was zum Glück gut ausging oder an Mose, der auf den Berg Sinai gestiegen ist, um Gott zu begegnen und die Gebote zu empfangen.

Und Jesus ist nicht nur in der Bergpredigt auf einen Berg gestiegen, damit ihn die Menschen besser hören oder sehen, sondern sicher auch, damit er einen besseren Überblick hat, über das, was vor ihm liegt und das, was um ihn herum passiert. Menschen sind schon immer auf Berge gestiegen, es sind Orte der Ruhe, der Besinnung, des zu sich Kommens und zu sich Findens, der Begegnung mit sich selbst und mit Gott, denn dort bin ich dem Himmel ein Stück näher.

In der Geschichte mit Jesus können wir das gut sehen und hören. Jesus ruht in sich selbst, tut das Richtige, ganz konkret und unaufgeregt an den Menschen, die zu ihm kommen, er sieht ihre Bedürftigkeit, ihre vielfältige Not und er gibt ihnen, was sie brauchen für Leib und Seele. Beides gleichermaßen, er spricht ihnen Mut und Trost zu und er gibt ihnen zu essen.

Und wo sind wir dem Himmel ein Stück näher? Ist es dann oder dort, wo wir unsere Geschenke auswickeln und froh sind über das, was wir bekommen haben? Vielleicht sogar überglücklich, weil wir nicht mehr daran glaubten es zu bekommen oder ist es im Urlaub, wenn wir wirklich auf einen Berg steigen und die Erhabenheit des Anblicks, der vor uns liegt, in aller Zügen genießen?

Oder ist es dort, wo wir das Richtige tun? Also den Bedürftigen etwas geben, es muss ja nicht Geld sein. Ein freundlicher Blick, ein höfliches „Guten Morgen“ an der Tür und die dabei gleich aufzuhalten, egal für wen und vor allem nicht aus Berechnung, sondern aus reiner Güte und Freundlichkeit. So als ob Jesus an der Tür steht und statt Brot und Fisch zu verteilen, Freundlichkeit austeilt und dabei jedem gibt, was er braucht, wenn wir dies schaffen, ganz ohne Hintergedanken, dann sind wir dem Himmel ein Stück näher. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Pfr.i.E. Kay Lohse

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Im Anschluss gemeinsames Frühstück

 

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