Diesen Text aus der Apostelgeschichte habe ich schon immer gern gehört. Er hat zum einen so etwas Geheimnisvolles und zum anderen Exotisches. Vielleicht lag es daran, dass ich früher mit dem Wort „Kämmerer“ noch gar nichts anfangen konnte und den Namen Kandáke ziemlich komisch fand und mit Äthiopien habe ich ehrlich gesagt eher Armut in Afrika verbunden, als einen hohen Beamten der durch die Welt reist und Herr über die Schatzkammer einer Königin ist.
Aber letztlich geht es ja gar nicht darum, denn dieser Mann, der sich in der Geschichte von Philippus die Bibel erklären lässt, ist ja nur ein Sinnbild für die, welche vom Glauben nichts wissen oder keinen Zugang dazu finden können.
Wir erleben es, dass immer mehr Menschen aufwachsen und ihren Lebensweg gehen, ohne von klein auf in den Glauben eingeführt oder mitgenommen worden zu sein.
Auch wir hier sind nicht alles Christen. Einige sind katholisch, einige evangelisch, aber einige gehören auch keiner Kirche an. Vor 100 oder sogar noch vor vielleicht 70 oder 80 Jahren sah das anders aus. Da war die Mehrheit der Deutschen christlich. Man nannte das Volkskirche, weil die Mehrheit der Menschen eines Landes einer Kirche angehörten. Und in eine katholische Schule, da gingen nur katholische Kinder und umgekehrt in eine evangelische Schule nur evangelische Kinder. Heute ist das anders. In Deutschland sind längst nicht mehr alle Menschen einer Kirche zugehörig und bei uns im Osten sind es noch viel weniger, als im Durchschnitt. Daher stellen wir mit unserer christlichen Schule eine Besonderheit dar. Aber noch etwas macht uns zu etwas ganz Besonderem, dass wir als katholische oder evangelische Christen eben nicht unter uns bleiben, sondern auch die anderen mit einladen, um miteinander zu lernen und zu leben.
Und so sitzen wir jetzt und auch zu anderen Gelegenheiten auch im Gottesdienst beieinander und feiern gemeinsam.
Die meisten derer, die keiner Kirche angehören, würden ansonsten wahrscheinlich höchstens an Weihnachten einmal in eine Kirche zum Krippenspiel gehen, so aber seid auch ihr immer wieder der Frage nach Gott auf die eine oder andere Weise ausgesetzt und auch jeder von den anderen, ob evangelisch oder katholisch, muss sein Christsein immer wieder am anderen messen.
Nun war der Äthiopier schon ein Gottesfürchtiger, wie man damals die dem jüdischen Glauben nahestehenden Menschen aus anderen Ländern nannte, aber auch ihm ist vieles mehr eine Frage, als dass es eine Antwort wäre. Und so fährt er von Jerusalem heimwärts und ihn bewegen sein Nichtverstehen und seine Unklarheiten über das, was er in der Heiligen Schrift liest und was er vielleicht in Jerusalem hörte.
Wir haben in der Geschichte gehört, dass ein Engel dem Philippus gesagt hat, er solle von Jerusalem aus nach Süden Richtung Gaza gehen. Das heißt, dass Philippus wahrscheinlich den Kämmerer nicht ganz zufällig getroffen hat, sondern dass es ein Plan Gottes war, der ihn dorthin geführt hat, um einen anderen zu lehren und diesen hat es dorthin geführt, um belehrt zu werden.
Es ist manchmal gar nicht so leicht sich auf etwas Neues oder anderes einzulassen. Warum soll ich mich denn mit der einen oder anderen Sache auseinandersetzen, wenn es überhaupt keinen triftigen Grund dafür gibt? Warum soll ich denn in die Kirche gehen oder in der Bibel lesen, wenn ich darin gar keinen Sinn entdecke und auch nicht das Bedürfnis danach habe? Darum bedarf es immer wieder zum einen der Offenheit sich auf Neues einzulassen und auf der anderen Seite Menschen, die uns ihre Sicht berichten, von ihren Erfahrungen erzählen wollen.
In der Geschichte hören wir von so einem Vorgang, der sich genauso bei uns in der Schule abgespielt haben könnte. Nur, dass es hier nicht ein Kämmerer und ein Apostel sind, sondern vielleicht zwei Schüler oder eine Schülerin und ein Lehrer oder jemand ganz anderes.
Und so nimmt auch der Text des Evangeliums auf eben diese Geschichte von Philippus Bezug, dass nämlich keiner aus eigenem Plan hin ein Schüler oder ein Lehrer der Botschaft Gottes wird. Schüler wird man nur, wenn man merkt, dass es uns zu etwas hinzieht und wir feststellen, dass wir nicht viel darüber wissen. Und Lehrer wird man nur, wo wir mit offenen Augen sehen, dass andere Fragen haben und wir bereit sind Antworten zu geben, die weiterhelfen. Darum lasst uns mit offenen Augen und Ohren durch die Welt gehen und sehen und hören, wo gefragt wird und wo etwas Wesentliches gesagt wird.
Dort, wo wir auf konstruktive Fragen stoßen und wo wir Verständnis finden und auf hilfreiche Antworten hoffen dürfen, da finden wir Menschen, die sich auf den Glauben einlassen wollen und andere, die von ihrem Leben und Erfahrungen berichten möchten.
Man muss sich ja vielleicht nicht gleich taufen lassen, wie der Kämmerer und sicherlich kann auch der eine oder andere Christ, auch die christlichen Lehrer, hin und wieder einen hilfreichen Rat gebrauchen.
Wichtig wird es dabei vor allem sein, auf den anderen zuzugehen, ihm zuzuhören und ins gegenseitige Gespräch zu kommen, das weiter, das liegt dann nicht mehr in unserer Hand, das ist Glauben.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist, denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
(Es gilt das gesprochene Wort!)
Pfr.i.E. Kay Lohse