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Abwarten können!

Ich denke mal, dass die meisten, als sie die Lesung hörten, zuerst an die Geschichte der Ankündigung der Geburt Jesu an Maria gedacht haben, um die es übrigens in den beiden letzten Schul-Adventsgottesdiensten ging. Vielleicht haben ja manche sogar gedacht: „Ach ne, nicht schon wieder!“ Man hört ja bei der Ankündigung der Lesungen nicht immer so genau hin, denn sonst hätte es ja gleich auffallen müssen, dass es bei einer Lesung aus dem alttestamentlichen Buch der Richter nicht um Jesus gehen kann.

Und im Evangelium ging es dann um eine durchaus vergleichbare Geschichte. Wieder war die Rede von einer Frau, die keine Kinder hatte, eigentlich auch keine bekommen konnte und der nun ein Kind angekündigt wurde. Also die Parallelen zu Maria, Josef und Jesus sind kaum zu übersehen und doch geht es nicht darum.

Wir müssen nicht in jede Geschichte aus der Bibel um jeden Preis Jesus hineinpressen. Manchmal geht es auch um etwas anderes und erst am Ende des Ganzen steht aber dann Jesus.

Ich finde beide Geschichten interessant und sogar spannend. In der einen geht es im Simson, einen Mann von unbändiger Kraft, den man nur mit einem Trick besiegen kann. Eine richtige Abenteuergeschichte, die scheinbar gar nicht in die Bibel zu passen scheint. Insbesondere, da sein Name so viel wie „kleine Sonne“ bedeuten soll, wohl um dadurch das Glück der Eltern zum Ausdruck zu bringen, dass sie nun endlich ein Kind haben, doch eben dieses benimmt sich wenig wie ein kleiner Sonnenschein, denn seinen Weg säumen Verderben und Zerstörung. Und doch ist er im vorliegenden Fall ein wichtiges Werkzeug Gottes, indem er das Volk Israel auf ungewöhnliche Art beschützen soll und ebenso zum Werkzeug Gottes wird.

Und Johannes, aus dem Evangelium? Nun, der ist nicht weniger dubios. Nach der verwunderlichen Ankündigung seiner Geburt bleibt sein Vater fortan stumm, bis sie sich ereignet und dieser stimmt dann urplötzlich ein Loblied an, den sognannten Lobgesang des Zacharias. Darin sagt er über den kleinen unscheinbaren neugeborenen Johannes: „Und du, Kindlein, wirst Prophet des Höchsten heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest.“ … und dann heißt es weiter, dass das Kindlein wuchs und stark wurde im Geist und in der Wüste war bis zum Tag, an dem er vor das Volk treten sollte. Aber hier ist von einem ganz anderen Starksein die Rede als bei Simson, stark meint hier nicht körperliche Kraft, sondern Redegewandtheit und innere Stärke, was man wohl auch daran ablesen kann, dass Johannes in der Wüste lebte, Heuschrecken aß und einen Mantel aus Kamelhaar trug, also wenn man mich fragt, ebenso wenig vertrauenseinflößend.

Aber worum geht es denn nun eigentlich, vielleicht ja gar nicht um die Protagonisten, die uns so sehr beindrucken und zugleich verschrecken.

Ich denke es geht weniger um sie als Personen als mehr um eine Haltung, nämlich die des Wartens, Erwartens und Abwartens, besonders der Eltern.

Es ist recht auffällig in den beiden Geschichten, dass die Männer verstummen, Manoach kommt gar nicht zu Wort und Zacharias wird stumm, aber die Frauen reden und sie jubeln alle beide und später hören wir das auch von Maria, als sie eben diese Elisabeth besucht und ebenso einen Lobgesang anstimmt, das Magnificat. Damit reihen sie sich in eine Folge verschiedener Frauen ein, die auf zum Teil ganz unterschiedliche Weise von Gott angenommen wurden und Kinder gebären sollten, die Großes erreichten. Frauen, die schon als Schwangere spürten, wie sich bereits die Ungeborenen von Gottes Wirken in der Welt bewegen lassen.

Und ehe mir hier jetzt jemand Frauenfeindlichkeit vorwirft, so nach der Devise, die Männer schweigen, aber die Frauen quatschten natürlich, nein. Es sind doch zu jener Zeit die Männer, welche das Sagen haben und über das Schicksal der Familie entscheiden. Und genau das ist ja der Punkt. In den Texten kommen die Männer so gut wie gar nicht zu Wort und über die Frauen heißt es, dass sie dies in ihrem Herzen behielten, nämlich so lange, bis es spruchreif war und es die anderen sehen mussten, selbst wenn niemand etwas sagte.

Diese Frauen sind wie mütterliche Prophetinnen, hellsichtig und sie spüren auf ihre eigene Weise, dass Gott die Welt erlösen wird. Und so lassen sie ihr Leben lang nicht von der Hoffnung ab, dass sich ihre Situation zum Guten wenden wird und ertragen es, dass Gott auf sich warten lässt. Vielleicht ist gerade dies eine mütterliche Eigenschaft, denn beim Warten auf ein Kind lässt sich eben nichts beschleunigen.

Nichts geschieht da schnell, keine Hast, kein höher, schneller, weiter, kein Termindruck, keine Erwartungshaltung, sondern abwarten und wachsen lassen.

Sie wissen: „Gut Ding will seine Weile haben!“ und so wissen sie auch, dass die Zeit des Wartens auf Gott keine verlorene Zeit ist, denn Gott hat ein anderes Zeitmaß als wir und so haben sie die Vorfreude auf Gottes Ankunft im Herzen.

Haben wir die auch oder ist es nur Vorfreude auf 14 Tage ohne Schule, die Hoffnung auf üppige Geschenke am Heiligabend oder ist da noch mehr als Essen, Trinken, Geschenke und Faulsein? Dabei ist doch Advent die Zeit des Wartens auf Gott, das haben wir doch zig mal gehört, aber haben wir es auch verstanden?

Warten wir mit dieser kindlichen Freude und dieser Erwartung der Mütter auf ihre Kinder auch auf die Geburt Gottes oder ist es dann auch schnell wieder vorbei.

Geschenk bekommen, ausgepackt, ausprobiert, weggelegt, zurück zur Tagesordnung oder bleibt da noch etwas von der frohen Erwartung, die nachwirkt?

Am Samstag habe ich einen Bericht über Weihnachtsbäume gesehen und der Verkäufer meinte, dass man, wenn man einen Baum samt Wurzel als Christbaum hat, der Baum dann spätestens am 2. Feiertag raus muss, wenn man ihn noch so einpflanzen will, dass er nicht eingeht. Das mag aus gärtnerischer Sicht vernünftig sein und über die Sinnhaftigkeit der ca. 30 Millionen Weihnachtsbäume, die jedes Jahr in Deutschland geschlagen werden, lässt sich sicher streiten, nur fliegt mit dem Baum nicht auch unsere Erwartung raus?

Wir können ganz schlecht Warten. Es öffnet Kasse 3, wenn mehr als 4 Kunden wartend an der Kasse stehen, ansonsten meckern wir, weil es so lange dauert.

Aber ist Warten können nicht eine gute Eigenschaft? Zeigt sich nicht gerade im Warten auf die Geburt eines Kindes, dass bei aller Freude und Spannung, sich das Ganze nicht beschleunigen lässt, es eben nicht schneller geht, sondern es seine Zeit braucht. Liegt nicht in diesem Warten und Reifen eine große Chance, sich vorzubereiten, bereit zu sein, um danach nicht zur Tagesordnung überzugehen, sondern vielmehr mit dem Neugewonnenen unser Leben zu verändern?

Ich wünsche uns Geduld, die Bereitschaft Warten zu können, es zu erwarten. Aber vor allem, diese Sprachlosigkeit zu haben, das Wundervolle nicht zu zerreden, sondern ins Herz zu nehmen und zu verinnerlichen, denn nach dem Warten des Advent kommt dann wirklich Jesus und wir müssen ihn nicht mit aller Gewalt in die Geschichte hineinpressen, weil er mit seinem Kommen nur unser Warten und unserer Erwartungen erfüllt.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Pfr.i.E. Kay Lohse

2512 sgd advent 02

2512 sgd advent 03