Alle bisherigen Andachten

Nicht Opfer, sondern Liebe

Heute ist der Tag des Evangelisten Matthäus. Im gleichnamigen Matthäus-Evangelium wird aber gar kein Verfasser genannt, doch es ist davon auszugehen, dass der damit im Evangelium mit dem Beinamen „Zöllner“ bezeichnete Jünger gemeint ist, der bei Markus und Lukas „Levi“ heißt. Ihm wird schon früh ein nicht mehr erhaltenes hebräisches Urevangelium zugeschrieben.

In seinem Evangelium stellt Matthäus Jesus als den von den Propheten vorhergesagten Messias dar, das heißt er wendet sich offensichtlich an die Judenchristen seiner Zeit und zeigt ein besonderes Interesse im Blick auf die Endzeit, auf die Zeit, wo sich jeder für sein Handeln verantworten muss.

Aber Jesus steht überhaupt in einer langen Reihe von jüdischen Propheten. Schon bei Hosea heißt es: „An Liebe habe ich gefallen nicht an Schlachtopfern, an Gotteserkenntnis mehr als an Brandopfern.“

Beim Propheten Micha etwa begegnen wir fast der gleichen Aussage und dann auch beim Propheten Amos. Jesu barsches, aggressives Auftreten im Jerusalemer Tempel passt so gar nicht zu dem sonst so verständnisvollen und friedlichen Jesus, der dort plötzlich Tische umstößt, Händler und Gläubige beschimpft und im Tempel alles in Unordnung bringt. Aber sein Verhalten geht in die dieselbe Richtung wie bei den Propheten und besonders Amos sagt schon gut 700 Jahre vorher fast das Gleiche im Tempel.

Es geht jedes Mal nicht um die Ablehnung des Opferbringens an sich, sondern um das Geraderücken der Prioritäten und um die Entlarvung von Oberflächlichkeit. Jesus war davon überzeugt, dass die Verachteten, die Zukurzgekommenen, die Abgehängten ein Recht darauf haben gesehen zu werden und ernst genommen zu werden.

Und so hat Jesus dann gehandelt gegenüber Zöllnern, Ausgestoßenen und Ausgegrenzten.

Jeder, der in unserer Gesellschaft im sozialen Bereich tätig ist und sich für die Schwächsten einsetzt weiß, wie kräftezehrend diese Arbeit ist und wie oft sie auf allen Seiten an Grenzen stößt, doch das ändert nichts an der Notwendigkeit.

Dieser Satz: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken!“ ist ein unglaublich wichtiger Satz, denn er macht deutlich, dass ein Arzt nicht um seiner selbst willen existiert, sondern für die da ist, die der Hilfe bedürfen.

Leider kennen wir aus der Geschichte und vielleicht auch aus Filmen, dass Ärzte ihre Macht ausspielen oder sich auf ihrem Stand ausruhen und den Leuten nach dem Mund reden, anstatt sich um die zu kümmern, die wirklich Hilfe brauchen, die am Ende sind Schmerzen leiden und im Sterben liegen.

Umso wichtiger ist es noch einmal deutlich zu machen, was die Rolle des Arztes ist, sich derer anzunehmen, die der Hilfe bedürfen, auch um den Preis eigenen Nachteils und viel Mühe und Arbeit. Jesus sagt das, fordert das, und Jesus hat das geleistet und der Evangelist erinnert uns bis heute daran.

Deshalb hat einmal jemand einen Hymnus über die Apostel und Evangelisten geschrieben, dort heiß es:

In aller Welt erscholl mit Macht

Durch die Apostel, Herr, dein Ruhm;

Du hast in Gnade sie erwählt

Zum Dienst für Gottes Königtum.

Du gabst sein Wort in ihren Mund,

erfülltest sie mit deiner Kraft,

warst als ihr Freund und Weggefährt

mit ihnen auf der Wanderschaft.

Zum Dienst der Liebe hast du sie

Für aller Menschen Heil bestellt;

Sie gaben Blut und Leben hin

Als Samenkorn und Licht der Welt.

Wir sind weder Begleiter Jesu und Apostel noch Evangelisten, aber wir können ihr Wort hören und lesen, was Jesus ihnen gesagt hat. Und wir können uns natürlich daran orientieren.

Nicht scheinheilig vermeintliche Opfer darzubringen, die letztlich keine sind und niemandem helfen. Sich sozial zu engagieren ist mehr als zu spenden oder wilde Aktionen zu starten, dazu gehört es auf den Nächsten zu achten, ihn aus seiner Ecke ans Licht zu holen, dem Anderen die Hand zur Gemeinschaft entgegenzustrecken statt mit dem Finger auf ihn zu zeigen, dann machen wir genau das, was Jesus gemacht hat, sich dem Nächsten zuzuwenden und ihn in unsere Gemeinschaft einzuladen, das ist echte Nachfolge. Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Pfr.i.E. Kay Lohse