Letzten Sonntag ging es in der Predigt um die Geschichte von Jakobus und Johannes, die sich den Platz zur Rechten und zur Linken von Jesus wünschten, sie wollten unter den Jüngern die Ersten sein. Erster sein zu wollen ist etwas, das uns überall begegnet. Das geht schon bei Geschwisterkindern los, wer wohl das größte Stück erwischt oder zuerst irgendetwas machen darf und sogar in der Bibel begegnet uns das, zum Beispiel als sich Jakob das Erstgeburtsrecht vom Vater erschleicht, andere missbrauchen ihre Macht, wie König David. Und so ist es bis heute so, dass die, welche die Macht haben, sie bisweilen für ihre persönlichen Vorteile ausnutzen und manchmal sogar missbrauchen.
Aber die Ersten auf dieser Welt haben auch meine Anerkennung für ihren Einsatz, denn ich möchte nicht mit ihnen tauschen. Regierungschefs, und Chefinnen natürlich, sind zwar die »Ersten« ihres Landes, aber ihre Freude über die Erst-Platzierung wird nach der Wahl schon bald vergessen sein angesichts der Verantwortung und der Belastungen. Aber auch die kleineren und kleinen Chefs dieser Welt haben es oft nicht leicht und so denke ich, bei allem Gemecker über sie, es ist manchmal auch schön, wenn man sich zurücklehnen und die Show genießen kann, während andere in die Verantwortung gerufen werden.
Darum werden ja zum Beispiel auch Politiker in Funktionen bestellt, berufen oder eben erhoben und das, obwohl der Ausdruck Minister übersetzt nichts anderes als »Diener« heißt. Eben Staatsdiener, denn sie sollen ihrem Land dienen, auch wenn das einige manchmal vergessen. Und da kommen wir wieder zurück auf die beiden aus der Geschichte, denn als sie Jesus um diese besondere Stellung bitten, da haben sie sicher nicht daran gedacht, was damit verbunden ist und schon gar nicht darüber nachgedacht, als sie so schnell meinten, dass sie dies oder jenes auch könnten, was Jesus kann.
Die Sache mit dem Herrschen und dem Dienen ist eben nicht ganz so leicht. Zum einen klingt das erst einmal ganz gut mit dem Herrschen. Da darf man der Bestimmer sein, wie es Kinder so schön simpel formulieren, aber man hat eben auch die Bürde der Verantwortung. Man muss planen, vorausschauen, möglichst mehr wissen als die anderen, besser und schneller sein. Und man muss am Ende für alles geradestehen, jedenfalls im Idealfall.
Aber nicht, dass es mit dem Dienen einfacher wäre, es verdient zwar Respekt und ehrt einen jeden, der es tut, doch es bedeutet eben auch viel Arbeit und Aufopferung, man muss oft zurückstecken und manchmal Dinge tun, die einem vielleicht nicht gefallen, man muss sich selbst zurücknehmen und bleibt oft unbelohnt.
Letztlich hat beides Vorzüge und Nachteile, aber aus irgendeinem Grund wirkt auf uns Menschen das Herrschen attraktiver, als das Dienen.
Jesus fragt erst einmal zurück, was sie denn wollen. »Neben ihm sitzen!« Ich finde, die Bitte der Zwei ist eine ganz verständliche Frage, sie drückt Zuneigung und Liebe aus und Platz wäre da für die beiden Brüder, eben links und rechts. Und sie malen sich das bestimmt schön aus, wie sie am Tisch im Reich Gottes sitzen, dort wo immer der Ehrengast sitzt und dann eben neben Jesus und manchmal schauen sie auf die anderen am Tisch mit diesem leisen Triumph ganz nah bei Jesus zu sein.
Aber die Zwei haben sich wohl auch ein wenig zu weit aus dem Fenster gelehnt, denn nicht nur, dass sie den durchaus berechtigten Zorn der andern auf sich zogen, sondern auch den verständlichen Neid.
Ich denke diese Geschichte ist eine Warnung an alle, die meinen im Himmel ein goldenes Stühlchen zu bekommen. Jesus holt die beiden Jünger von ihren Himmelsträumereien zurück ins hier und jetzt. Statt über Plätze im Himmel zu spekulieren, sollen sie sich einen Platz in der Welt, in der Nachfolge Jesu suchen. Und das heißt: Schluss mit den Rangeleien, um die ersten Plätze.
Pfr.i.E. Kay Lohse