Heute beginnen wieder die 40 Tage der Vorbereitungszeit auf die Feier des Leidens, des Sterbens, des Todes und der Auferstehung des Herrn an Ostern. Die Zahl 40 ist eine Zahl, die uns in der Heiligen Schrift immer wieder begegnet. 40 Jahre dauerte die Wüstenwanderung des Volkes Israel, 40 Tage fasten Mose auf dem Berg Sinai und der Prophet Elia auf dem Weg zum Horeb und schließlich Jesus nach seiner Taufe in der Wüste.
In der alten Kirche bereiteten sich in dieser Zeit die sogenannten Katechumenen intensiv auf ihre Taufe in der Osternacht vor, während die bereits Getauften sich ihre eigene Taufe wieder neu ins Bewusstsein riefen. Das taten manche, indem sie sich in Gottes Wort und im Gebet vertieften. Einige, die schwere Sünde begangen hatten und damit die Gemeinschaft mit Gott und ihrer Gemeinde verletzt hatten, bereiteten sich unter anderem durch ein besonders strenges Fasten auf die Versöhnung mit Gott und den Menschen vor.
Heute verbinden die meisten wohl den Aschermittwoch zuerst mit dem Ende der Faschingszeit oder, wie wir auch sagen, des närrischen Treibens, auch wenn es in der letzten Zeit nicht ganz so närrisch zuging, wie sich dies die Jecken vielleicht gewünscht hatten. Dafür war unser Leben ansonsten sehr viel turbulenter. Doch eigentlich geht der Name ja zurück auf das Auflegen der Asche, dem sichtbaren Aschekreuz auf der Stirn zu Beginn der österlichen Bußzeit, der Fasten- und Passionszeit, wie wir heute sagen und dem sich damit bewusst machen, dass die kommende Zeit eine besondere ist, kein weiter in den Tag leben und so laufen lassen, sondern einer geistig und körperlich verändernden Zeit.
Viele haben für die Fastenzeit inzwischen ein ganz eigenes Programm, das aber leider relativ wenig mit dem Eigentlichen zu tun hat. Fastenzeit bedeutet heute für viele immer noch auf etwas zu verzichten, wie Kaffee, Alkohol oder bestimmtes Essen. Aber für einige ist sie zu einer Zeit mutiert, in der man sich nicht nur zum Verzicht zwingt, auch die Absicht ist inzwischen eine andere. Es geht vor allem darum für den Sommer eine gute Bikinifigur zu bekommen, zu Entschlacken, das nennt sich dann Heilfasten. Aber letztlich geht das Ganze am Eigentlichen vorbei, auch wenn natürlich traditionell in dieser Zeit auf einiges verzichtet wurde. Und auch wenn es heute Menschen gibt, die auf Handy, Laptop, Fernsehen oder andere Medien verzichten, das macht es zwar zeitgemäßer, aber nicht besser. Der eigentliche Sinn geht meist verloren.
Das 1400 Jahre alte Fastenprogramm der Benediktiner gibt dem Lesen und dem Gebet den Vorrang vor dem Fasten, welches sich auf den Körper bezieht und unterstreicht damit das „freudige Klima“ christlichen Fastens, als eine besondere Pflege der Verbindung zu Gott. Es heißt dort "Deshalb raten wir, dass wir wenigstens in diesen Tagen der Fastenzeit in aller Lauterkeit auf unser Leben achten … So möge jeder über das ihm zugewiesene Maß hinaus, aus eigenem Willen und in der Freude des Heiligen Geistes Gott etwas darbringen … und so mit Freude das heilige Osterfest erwarten.“
Von einem solchen Fasten schreibt schon der Prophet Joel im Alten Testament, wenn es dort heißt: „Es spricht der HERR, kehrt um zu mir von ganzem Herzen mit Fasten, mit Weinen, mit Klagen! Zerreißt eure Herzen und nicht eure Kleider und kehrt um zu dem HERRN, eurem Gott!“
Es geht eben nicht um die Äußerlichkeiten, es geht um die innere Einstellung. Es geht darum das eigene Leben zu überdenken, umzukehren und nicht einfach so weiterzumachen, wie bisher. Gerade jetzt in dieser angespannten Zeit, mit den vielen kleinen Problemen, die wir haben, mit den großen Nöten in den Kriegsgebieten, mit den Ängsten überhaupt auf dieser Welt. Lösungen dafür finden wir nicht im Verzicht auf was auch immer, sondern allein im Besinnen auf Gott, im Heilmachen unserer Beziehungen und in der Umkehr, darin liegt das Geheimnis der Erlösung.
Pfr.i.E. Kay Lohse