Diese Morgenbesinnung hatte ich mir anders vorgestellt. Ich hatte schon einen Plan für diesen 1. März, den meteorologischen Frühlingsanfang, aber ich hatte den Plan ohne die Weltgeschichte gemacht. Wie auch? Hatte ich erwartet, dass mich jemand fragt, was er heute tun soll, ob er machen darf, was er vorhat oder meinte ich gar, ich hätte Einfluss auf die Dinge, die in der Welt passieren und die meine kleinen Pläne zunichtemachen?
Viele von uns sind sicherlich entsetzt über das, was da gerade gar nicht so weit von uns weg passiert. In den Nachrichten nennt sich das Ukrainekonflikt, das Wort Krieg nehmen wir nicht so gern in den Mund. Hier in Deutschland herrscht seit 77 Jahren Frieden. Nicht mehr viele in unseren Familien haben es noch selbst miterlebt, als hier bei uns Krieg herrschte. Nun haben wir uns an den Frieden gewöhnt, ihn als etwas Selbstverständliches angenommen, ohne groß darüber nachzudenken. Wenn, dann war das weit weg und betraf uns kaum, in Afghanistan, in Ländern Afrikas, aber nun ist er wieder hier in Europa. Und manche von uns an der Schule haben Verwandte oder Bekannte in der Ukraine, es betrifft uns plötzlich wieder direkt und viele machen sich berechtigte Sorgen.
Über dem heutigen Tag steht der Psalm 5, und als ich ihn las, dachte ich für mich, das sind die Worte, die wohl gerade vielen im Kriegsgebiet durch den Kopf gehen, Worte mit denen sie vielleicht gerade beten:
HERR, höre meine Worte, achte auf mein Seufzen!
Vernimm mein Schreien, mein König und mein Gott;
denn ich will zu dir beten.
HERR, am Morgen wollest du meine Stimme hören,
am Morgen will ich mich zu dir wenden und aufmerken.
Denn du bist nicht ein Gott, dem Frevel gefällt;
wer böse ist, bleibt nicht vor dir.
Die Frevler bestehen nicht vor deinen Augen;
du bist feind allen Übeltätern.
Du vernichtest die Lügner; dem HERRN sind ein Gräuel die Blutgierigen und Falschen.
Ich aber darf in dein Haus gehen dank deiner großen Güte. …
Lass sich freuen alle, die auf dich vertrauen;
ewiglich lass sie rühmen, denn du beschirmest sie.
Fröhlich lass sein in dir, die deinen Namen lieben!
Denn du, HERR, segnest die Gerechten, du deckest sie mit Gnade wie mit einem Schilde.
Das sind Worte der Bitte und des Vertrauens, nicht der Gewalt, Unterdrückung und des Hasses. Sie vertrauen darauf, dass der Übeltäter seine gerechte Strafe erhält und die Guten belohnt werden, aber so leicht ist es in der Welt eben nicht. Am Ende bleibt uns nur die Hoffnung auf Vernunft, der Glaube an das Gute im Menschen, die Einsicht in die Dinge und zu beten, vielleicht mit diesem Psalm.
Jesus Christus spricht in der Bergpredigt davon, dass die Sanftmütigen selig sind und das Erdreich besitzen werden, dass die Friedfertigen selig sind, weil sie Gottes Kinder heißen. Selig bedeutet glücklich, aber glücklich sein kann niemand im Krieg. Vielleicht die, welche daran verdienen, aber für die wird es nur ein kurzer Moment des Glückes sein. Nur, leider sind die, welche vom Krieg betroffen sind, eben schon gar nicht glücklich.
Es ist schwierig, es ist schwierig zu verstehen, was da gerade überhaupt passiert, wie Menschen anderen solches antun können und es ist schlimm zu merken, wie hilflos wir sind.
Aber es bleibt doch etwas, was wir tun können. Auch wenn das viele Reden aller europäischer Staatsoberhäupter nichts genützt zu haben scheint. Reden bleibt das erste und wichtigste Instrument, um einen Konflikt zu lösen, Verständnis füreinander zu erzeugen. „Reden, reden und nicht aufhören zu reden!“ hat 1962 während der sogenannten Kuba-Krise der damalige Papst Johannes XXIII. gesagt und gemacht und einst damit einen Krieg verhindert. Viele Menschen haben am Sonntag in Berlin und anderen Städten gegen diesen Krieg und für die Freiheit der Ukraine, also für das Leben demonstriert. Und auch wir können etwas tun, wir können auch Reden, im Stillen, auch wenn uns die Kriegstreiber scheinbar nicht hören, wir können an die Menschen in den Kriegsgebieten und ihre Familien und Freunde denken, wir können sie in unsere Gebete einschließen und für den Frieden beten.
Amen
Pfr.i.E. Kay Lohse