Diesen Satz habe ich früher öfters gehört, wenn jemand etwas Fragwürdiges gemacht hat, dem man dies eigentlich so nicht zugetraut hätte. In dieser Woche sind einige Gedenktage wichtiger Leute und wir lesen von ihnen in der Bibel, da wäre der Gedenktag der Bekehrung des Apostels Paulus oder der Gedenktag des Thomas von Aquin, in den Lesungen hören wir von König Saul und König David, von Timotheus und Titus.
Thomas von Aquin zum Beispiel war ein kluger Mann, ein großer Theologe, aber er widersetzte sich auch dem Willen seiner Familie und ist nicht ganz unumstritten in Bezug auf die Inquisition. Paulus, in Tarsus geboren, mit römischem Bürgerrecht versehen, übernahm von seinem Vater die strenge pharisäische Familientradition und wurde damit zu einem erbitterten Feind und Verfolger der frühen Christen. Sein Wandel zum Nachfolger Jesu durch das Bekehrungserlebnis vor Damaskus ist legendär. In diesem Zusammenhang wurde sein Namenswechsel sprichwörtlich: „Vom Saulus zum Paulus“, denn so soll sein ursprünglicher jüdischer Name gewesen sein. Nun aber wird er Paulus genannt und wird zum regelrechten Vorzeigechristen. Der 13. Apostel wird er genannt werden, der selber von sich sagt, dass er es nicht Wert sei, ein Apostel genannt zu werden, denn er weiß sehr wohl um seine Vergangenheit, was er getan und was er unterlassen hat. Für ihn selbst blieb es ein unbegreifliches Geheimnis, dass gerade er von Jesus Christus berufen wurde. Er, der die Christen bis aufs Blut verfolgte, wird der Völkerapostel und stirbt selbst als Märtyrer. Was wird wohl seine Familie über ihn gedacht haben? Fromme Juden, die sich sicherlich nichts Schlimmeres hätten vorstellen können, als dem jüdischen Glauben den Rücken zu kehren und zu dieser kleinen christlichen Sekte zu wechseln, denn mehr waren die Christen damals nicht. Und so kann man aus zwei Perspektiven fragen, wessen Geistes Kind er war. Aus Sicht seiner Familie, einer der sich von seinem Glauben abwandte und aus der Sicht der Christen, der große Apostel.
Wir haben viele große Menschen in der Geschichte, deren Lebenslauf durchaus nicht ganz so glatt lief, wie man sich das vorstellt. Da ist zum Beispiel David, der Hirtenjunge, der mehr aus Zufall, wenn auch mit sehr viel Mut, den großen Philister im wahrsten Sinne des Wortes zu Fall bringt und der später, nicht zuletzt durch sein militärisches und diplomatisches Geschick, zum König Israels wird. Der aber auch durch seine Macht verblendet ist und durch die Möglichkeiten, die er hat, sich nimmt, was er will. So geht er auch über Leichen. Da ist zum Beispiel die Geschichte mit Bathsheba, der schönen Frau, die er unbedingt haben will, die aber verheiratet ist. Und was macht er? Er veranlasst den Tod des Uria, ihres Ehemannes. In heutiger juristische Sprache würde man wahrscheinlich sagen, David habe aus niedrigen Beweggründen gehandelt und Uria töten lassen, doch da Uria augenscheinlich im Kampf gefallen war, war die Absicht Davids nicht zu beweisen. Auch diese Geschichte zeigt, dass Menschen sich steuern lassen von Trieben, Interessen, Machtgelüsten und Dinge machen, die am Ende Unglück bringen und so müssen wir uns fragen: Wessen Geistes Kind sie sind!
David verfolgt einen einzelnen Mann, um eine schöne Frau zu bekommen, obwohl er weiß, dass das falsch ist. Paulus verfolgt die Christen aus religiöser Fanatismus, ohne recht zu wissen wieso. Und so müssen auch wir uns fragen: Wessen Geistes Kind sind wir? Wann setzen wir unsere persönlichen Bedürfnisse und Wünsche über das Allgemeinwohl, über das, was gut ist für unsere Familie und diese Welt? Beispiele könnten wir jetzt viele finden. Begonnen beim Egoismus in Sachen Impfung, unsere Bequemlichkeit in Fragen des Klimas bis hin zur Ignoranz in Fragen des Umweltschutzes oder wie wir Christen eigentlich sagen müssten, bei der Bewahrung der Schöpfung. Wessen Geistes Kind sind wir? Gehen wir immer den geradlinigen Weg oder den bequemsten? Die Großen jeder Zeit können und sollen uns Vorbild sein, aber nicht in allen Dingen!
Pfr.i.E. Kay Lohse