Die Halbwertszeit, T1/2 ist frei nach Wikipedia, die Zeitspanne, nach der eine mit der Zeit abnehmende Größe die Hälfte des anfänglichen Werts erreicht. Dieser Begriff stammt aus den Naturwissenschaften und er spielt vor allem in der Chemie, der Pharmakologie und Medizin eine Rolle und man benutzt ihn landläufig dafür, dass eine Sache in Vergessenheit gerät.
Manche Sachen oder Ereignisse haben eine sehr kurze Halbwertszeit, andere hingegen eine sehr große. Aber wie groß ist die Halbwertszeit eines Menschen, also ich meine nicht bezüglich seiner Lebenszeit, sondern vielmehr darauf bezogen, was von ihm bleibt?
Diesen Mittwoch werden wir in der Schulkapelle noch einmal eine Hl. Messe für unseren verstorbenen Gründungschulleiter Wolfgang Reger feiern, und dann? Was wird bleiben von ihm, hier an dem Ort, an dem er einst wirkte und wo ihn kaum noch jemand kennt? Selbst die ältesten Schüler waren noch nicht einmal geboren, als er in den Ruhestand ging und auch, wenn er oft zu Schulfesten und anderen Gelegenheiten hier präsent war, die meisten werden ihn nicht als das wahrgenommen haben, was er war. Die Welt dreht sich weiter, das Leben geht weiter, auch wenn in unserem Leben Einschnitte entstehen. Besonders Schülern wird das klar sein, denn von Anfang an steht fest, dass sie nach 8 Jahren die Schule wieder verlassen. Egal wie man sein Abitur gemacht hat, ja sogar was man für ein Lausejunge war. Nach und nach geht die Erinnerung verloren und was innerhalb einer Klasse vielleicht noch ein wenig erhalten bleibt, zumindest bis zum ersten Klassentreffen, je weiter man von der Schule entfernt ist, je mehr Zeit vergeht, desto mehr verschwimmt die Erinnerung, bis sie ganz verblasst. Bei Menschen ist das nicht anders. Und was bleibt dann von einem langen Leben? Bilder im Jahresheft oder an einer Gedenkwand oder interessiert es gar keinen mehr, was da mal war?
Es ist tröstlich für mich, dass auch wenn jemand meinen Namen nach vielen Jahren immer noch falsch schreibt oder sich jemand gar nicht mehr an mich erinnern kann, obwohl ich ihm doch schon so oft begegnet bin, dass es neben denen, die mich wirklich lieben, es noch einen gibt, dem ich überhaupt nicht egal bin. Gott!
Beim Propheten Jesaja heißt es: „Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ und bei Lukas heißt es: „Auch sind die Haare auf eurem Haupt alle gezählt. Fürchtet euch nicht! Ihr seid kostbarer als viele Sperlinge.“ Bei Gott geht niemand verloren, egal welche Spuren wir im hier und jetzt hinterlassen haben, wir haben einen ewigen Platz bei Gott. Alles was zu uns gehört, was uns ausmacht, Gutes, wie Schlechtes, weiß Gott von uns, aber es geht nicht darum, dass wir uns fürchten müssen davor, dass Gott uns alle Fehler nachträgt, sondern vielmehr, dass er auch alles Gute aus unserem Leben aufbewahrt, dass es nicht verloren geht, auch wenn es die Menschen vergessen. Es ist eine große Genugtuung, darauf vertrauen zu können, was hier verloren scheint, ist geborgen in Gottes Ewigkeit. Wir müssen uns gar nicht abmühen, dass wir irgendwo in Stein gehauen sind, denn auch der wird eines Tages zu Staub zerfallen, aber unser Platz bei Gott, der bleibt.
Wenn man diesen Gedanken zu Ende denkt, dann muss man sich nicht abmühen für Ruhm und Ehre, denn das ist alles vergänglich oder wie es Jesus sagt: „Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo Motten und Rost sie fressen und wo Diebe einbrechen und stehlen.“ Wir haben einen ewigen Schatz bei Gott, es ist manchmal schwer auf irdischen Lohn zu verzichten, denn wir fühlen uns wohl, wenn uns die Menschen achten und ehren vielleicht sogar verehren, aber was will ich mit diesem vergänglichen Lohn, wenn ich einen ewigen haben kann?
Pfr.i.E. Kay Lohse