Nein, es ist schon richtig geschrieben, es soll nicht heißen: „Gib nicht auf!“ Von einer Firma für Outdoorprodukte habe ich mal bei einer Lieferung einen Aufkleber mitbekommen, auf dem stand: „Aufgeben kannst Du bei der Post!“, den Spruch fand ich erstmal ziemlich cool.
Wer schon mit der Einstellung etwas beginnt, dass er vielleicht wieder aufgeben muss, der sollte sicherlich gar nicht erst beginnen, das ist wie losfahren mit angezogener Handbremse. Wenn man den Spruch richtig versteht und es nicht übertreibt, dann ist er nicht nur witzig, sondern auch motivierend. Aufgeben kannst du bei der Post, aber nicht bei deinen Vorhaben, deinen Zielen oder Wünschen. Allerdings ist der Satz: „Gib nicht auf!“ auch so ein Motivationsspruch, eine Ermunterung weiterzumachen. Ich habe dazu mal eine total witzige Postkarte mit einem Storch und einem Frosch gesehen. Der Storch wollte den Frosch runterschlucken, aber der hat dem Storch den Hals zugedrückt. Sicherlich nicht sehr realistisch und fast schon ein wenig makaber, aber eben auch witzig und für mich die deutliche Aufforderung weiterzumachen, selbst wenn es aussichtslos ist.
Aber der Satz: „Gib dich auf!“, der hat noch mal einen ganz anderen Klang. Eigentlich heißt es ja, dass man sich nie aufgeben soll, schließlich erwarten das auch andere von uns, dass wir sie nicht aufgeben. Aber ich denke in dem Kontext, in dem ich diesen Satz entdeckt habe, meint er etwas ganz anderes, als aufzugeben im herkömmlichen Sinn. Der Satz stammt von dem ungarisch-stämmigen Theologen und Autor Ladislaus Boros und lautet komplett: „Gib dich auf, wenn Du glücklich sein willst.“ oder anders gesagt, es gibt Situationen, da solltest Du einfach nicht so weitermachen wie bisher, da solltest du den Mut haben, den alten ausgetretenen Pfad zu verlassen und den scheinbar sicheren Weg aufzugeben. „Gib dich auf!“, heißt eben nicht aufzugeben, sondern das zurückzulassen, das dich bindet und festhält, das dich einschnürt und die Luft zum Atmen nimmt. Vor einiger Zeit habe ich eine Untersuchung zur Arbeitsmotivation gelesen, an deren Ende einige Fragen standen und der Hinweis, dass wenn man mehr als 4 der Fragen mit „Ja“ beantworten kann, man sofort kündigen solle. Ich glaube, wenn das alle gemacht hätten, die das gelesen haben, dann wären jetzt ganz viele Stellen unbesetzt, aber zurück. Das Evangelium von Markus beginnt mit einer Berufungsgeschichte, dort heißt es, dass Jesus, nachdem er nach Galiläa gegangen war, begann das Evangelium Gottes zu verkünden. Dabei kam er am See von Galiläa vorbei und sah dort Simon und Andreas, die ihre Netze auswarfen und er sagte zu ihnen: „Kommt her, mir nach! Ich werde Euch zu Menschenfischern machen. Und sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach.“
Ich denke mal, die beiden kannten bis dahin nicht viel anderes als Fischer zu sein und täglich hinauszufahren. Ob sie glücklich waren, weiß ich nicht, davon steht auch nichts in der Bibel, aber es war ihre Bestimmung, ihr Handwerk und Broterwerb und sie hatten ihr Auskommen und eine gewisse Sicherheit. Aber genau in dem Moment, da Jesus kam und sie rief, ließen sie alles stehen und liegen, gaben sich auf, um etwas ganz Neues Unbekanntes zu tun, aber nicht aus Abenteuerlust, sondern weil sie glücklich sein wollten und wo konnten sie das besser als zusammen mit Jesus.
Scheinbar hatten sie gar keine Angst, Jesus kannten sie nicht, sie verließen ihren sicheren Broterwerb. Warum tut das ein Mensch? Vielleicht dann, wenn er sich sicher ist, das Richtige zu tun, wenn er auf Gott hört und deshalb keine Angst hat. Der Punkt ist vielleicht auch, dass sie nicht umkehren oder sich abwenden, sondern vielmehr nachfolgen und zwar nicht irgendeinem Prediger, sondern der Frohen Botschaft und dafür muss man frei sein, sich aufgeben, die alten Lasten und Fesseln abwerfen. Wie heißt es so oft in der Bibel: „Fürchte dich nicht!“ Es gilt frei zu sein, seine Zwänge aufzugeben, alles Angstmachende zu lassen und sich dem zuzuwenden, was froh macht. Nicht leichtfertig, aber in der Tiefe des Herzens und mit aller Entschlossenheit zur „Aufgabe“.
Pfr.i.E. Kay Lohse