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Predigt im Advent

Eine Genealogie, den Stammbaum Jesu haben wir eben als Evangeliums-Lesung gehört, nicht sehr aufregend, im Grunde sogar langweilig, aber auch das ist ein Stück Verkündigung und gehört zur Weihnachtsgeschichte. Nicht so anrührend wie bei Lukas, dafür informativer, fast schon amtlich. Ich kann mich noch gut erinnern, wie einer meiner Professoren sagte, dass es einen Theologen gab, der meinte, dass egal an welcher Stelle man die Bibel aufschlage und dann liest, es immer Christus verkündigt. Daraufhin nahm er eine Bibel und schlug das Alte Testament an einer Stelle auf, wo sich eine solche Genealogie befand und las vor, dann meinte er, egal wie man das sehen würde, aber das hatte doch eben nun wirklich nichts mit Christus zu tun.

Die gerade gehörte Genealogie handelt zwar von Jesus, aber so richtig Christus verkündigt sie auch nicht. Nur eines macht der Text klar, Jesus hat einen langen Stammbaum.

Im fortgeschrittenen Alter entdecken Menschen oft, dass sie nichts oder nur wenig über ihre Vorfahren wissen. Sie versuchen dann in Archiven und mit Hilfe von Historikern zu ergründen, von wem sie abstammen. Wer das Jahresheft schon gelesen hat, der hat gesehen, dass wir das für unser Schulgebäude auch gemacht haben.

Bei so einer Forschung geht es dabei nicht nur darum, die Namen der Ururgroßeltern in Erfahrung zu bringen. Man sucht vielmehr nach den eigenen Wurzeln, um sich zu vergewissern, wer man selbst ist.

Im Geschichtsunterricht habe ich das mal als Hausaufgabe aufgegeben. Eine Schülerin kam mit einer Rolle Tapete und hatte auf einigen Metern die Geschichte ihrer Familie über einige hundert Jahre nachgezeichnet. Andere haben für das A4-Arbeitsblatt nicht mal alle Namen der Großeltern in Erfahrung gebracht, manche können das auch gar nicht mehr, weil die Archive zum Beispiel im Krieg zerstört wurden.

Umso schöner, wenn man in Erfahrung bringen kann, dass die Vorfahren Verdienste erworben haben oder besondere Menschen gewesen sind. So verbindet sich mit der Suche danach, mehr von ihnen zu erfahren, der Stolz von ihnen abzustammen. Sie sind glücklich, wenn sie sich selbst als Teil einer verdienstvollen Tradition sehen können.

Allerdings sollten wir uns auch nicht zu viel auf das einbilden, was die Generationen vor uns geleistet haben, denn man darf und soll zwar stolz darauf sein, aber letztlich müssen wir selbst in diesem Leben etwas leisten, nicht zuletzt, damit auch unserer Nachfahren einmal stolz auf uns sein können.

Letzten Mittwoch stand der Text der Tageslosung im Psalm 119 „Ich bin ein Gast auf Erden“.

Dieses Wort hat mich wieder etwas auf den Boden geholt, geerdet, denn es macht uns klar, dass egal was wir geleistet haben, es nicht allein unser Verdienst ist. Wir stehen in der langen Tradition einer Familie, die uns vielleicht erst die Dinge ermöglicht hat, welche wir leisten und letztlich liegt es an Gottes Segen, das Werk unserer Hände zu segnen und damit erfolgreich sein zu lassen.

Mit dem Beginn des Evangeliums hilft der Evangelist wie ein guter Historiker der Gemeinde. Jesu Stammbaum ist nicht nur die Aufzählung von Namen, die einige von uns vielleicht noch nie gehört haben und sicher gleich wieder vergessen. Er zählt mit dem Stammbaum Jesu nicht nur die Vorfahren, von Abraham beginnend auf. Er betont nicht nur, dass Jesus ein wahrer Davids-Sohn ist. Er erklärt uns, die wir zu Jesus Christus gehören, woher wir kommen.

Jesu Stammbaum soll auch uns stolz machen. Wie alle, die großartige Vorfahren haben, können wir uns in die Tradition Jesu stellen und von seinem Verdienst profitieren. Aber es reicht eben nicht dabei stehenzubleiben. Schaut doch mal, was für ein toller Christ ich bin und da, Jesus erst.

Nein, es bedeutet auch Nachfolge, also nicht beim niedlichen kleinen Jesuskind aufzuhören, sondern sich auf den Weg zu machen, mit Christus.

In den letzten Wochen habe ich sehr viele klagen gehört, dass gar keine rechte Weihnachtsstimmung aufkommen will. Das liegt unter anderem daran, dass es keine Weihnachtsmärkte gibt, sagten einige. Hoffentlich nicht nur wegen des Glühweins, sondern einfach, weil diese Märkte eben so eine bestimmte Stimmung erzeugen, mit den vielen Lichtern, den tausend leckeren Gerüchen und einfach der Atmosphäre. Aber auch, weil viele bedrückt sind durch die vielen Einschränkungen und ihre berechtigten Ängste. Es scheint, als ob nichts mehr wie früher werden wird, dass diese Pandemie einfach nicht aufhören will.

Gedanklich ist man schon wieder bei Ostern, dem Urlaub und dem kommenden Weihnachtsfest und kommt zu dem Schluss, es wird nicht besser.

Das Wetter spielt nicht mit, es ist trübe Herbststimmung statt winterlicher Freude. Besuche, Ausflüge, Skifahren oder gar Urlaub sind nur schwer oder gar nicht möglich, wem kann man es da verdenken, dass keine Weihnachtsstimmung aufkommt.

Aber mal ehrlich, vermissen wir Weihnachten oder eher unsere Bequemlichkeit und die sogenannten Highlights? Heißt es nicht auch zu Weihnachten: höher, schneller, weiter?

Unsere Vorfahren haben Weihnachten sehr viel bescheidener, aber sicher nicht weniger festlich gefeiert.

Der Heimatforscher und Schriftsteller Gustav Mosen hat schon vor über 100 Jahren geschrieben, dass sich jedes Kind auf das Weihnachtsfest freue, obwohl es doch kaum mehr zu erwarten habe, als ein Schreibheft und einige Äpfel. Warum, weil es ihm um das Fest ging und nicht um Geschenke, Völlerei und Action.   

Lassen wir uns doch von Jesus und seiner Geschichte mitnehmen, erst einmal hin zur Krippe in der frohen Erwartung auf das Fest seiner Menschwerdung und dann aber auch weiter, darüber hinaus. Wir wollen uns im Kleinen freuen, so wie einer beim Recherchieren den berühmten Vorfahren entdeckt oder einfach weiß, wo er herkommt, obwohl das scheinbar erst einmal gar nichts ändert, wird er doch etwas glücklicher sein.

Wir dürfen uns mit Jesus Christus freuen, darüber dass er in die Welt kommt und Mensch wird, darüber, dass er uns Freude schenkt und bei uns ist, egal in welcher misslichen Situation wir uns befinden. Weihnachten einmal bescheidener, aber dafür intensiver, innerlicher, bewusster feiern, das können wir machen, und wie? Nun, wie wäre es denn ausnahmsweise in diesem Jahr mal Weihnachtskarten zu schreiben, anstatt nur auf dem Handy einen schnellen Gruß zu tippen, noch ist genug Zeit, dass die Karten rechtzeitig ankommen. Oder sich die Zeit zu nehmen, gemeinsam mit der Familie Plätzchen zu backen und anzumalen. Man könnte auch jemanden anrufen, den man schon lange aus den Augen verloren hat und sich erkundigen, wie es ihr oder ihm geht.

Ein Spaziergang mit Freunden oder der Oma, vielleicht einfach mal sich hinsetzen und einige Weihnachtslieder bewusst anhören, nicht das ständige Gedudel in den Märkten oder aus den Ohrstöpseln, sondern in Ruhe auf dem Sofa. Denn die besten Geschenke sind kostenlos und die schönsten sind die, die man sich am liebsten selbst schenken würde. Es sind eben die Kleinigkeiten, die Weihnachten ausmachen und da können uns keine Auflagen und Einschränkungen daran hindern. Weihnachten ist da, wo wir uns Zeit nehmen und bereit sind Jesus zu begegnen, um uns anrühren zu lassen, von dem niedlichen kleinen Kind in der Krippe genauso, wie von der eindrucksvollen Litanei seiner Vorfahren.

Amen.

(Es gilt das gesprochene Wort!)