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Was kommt da auf uns zu?

Das mag eine Frage sein, die man sich letzte Woche beim Lesen der Andacht wohl überlegt hat, es ist aber auch eine Frage, die sich jedes Jahr für viele an bestimmtem Punkten wieder stellt, das fragt man sich beim Beginn eines neuen Lebensjahres, eines neuen Schuljahres oder vielleicht auch im Advent.

Nicht nur, weil das Kirchenjahr neu begann, sondern auch weil das alte Jahr sich dem Ende neigt und mit Weihnachten und Neujahr irgendwie alles von vorn zu beginnen scheint, obwohl das doch viel weniger ein Einschnitt in unserem Leben ist, als ein neues Schul- oder Lebensjahr.

Advent ist wie eine Schwelle, er öffnet eine Tür in eine andere Zeit. Auch wenn wir dieses Jahr nicht auf den Weihnachtsmarkt gehen können, ist es doch eine Zeit in der so vieles anders ist, als im restlichen Jahr, da wir doch unsere Wohnungen und Häuser schmücken, einmal mehr Freunde und Familie besuchen und nicht wegen Corona anfangen zu hamstern, sondern weil wir uns und unsere Lieben verwöhnen und beschenken wollen.  

Advent heißt Ankunft. Dahinter verbirgt sich jede Menge an Vorfreude, Spannung und Bewegung. Eine Zeit voller Erwartungen und Hoffnung und eben mit viel äußerlicher, aber auch innerlicher Vorbereitung. Im Advent gehen wir auf etwas zu, aber zugleich kommt uns auch etwas entgegen, es kommt was auf uns zu. Und so lockt uns der Advent heraus aus der Routine des Alltags, der uns die vorangegangenen Monate des Jahres müde gemacht hat.

Der Advent bringt uns in Bewegung. Im Lukas-Evangelium können wir das lesen, da redet Lukas von vielen Menschen, die sich auf den Weg machen. Manche vom Himmel bewegt, andere von ihrer Vorfreude oder durch einen Stern und wieder andere wurden durch kaiserliche Vorgaben genötigt, unterwegs zu sein. Die erste, die sich da aufmacht, ist Maria, noch lange vor dem Ereignis, das wir heute Weihnachten nennen, zu einer Verwandten:

Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends in das Gebirge zu einer Stadt in Juda und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vom Heiligen Geist erfüllt und rief laut und sprach: Gesegnet bist du unter den Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes! Und wie geschieht mir, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? (Lk 1, 39-43)

Sie hatte es eilig, Maria, so schreibt es uns der Evangelist. Er verwendet diese Worte wieder, als die Hirten die Botschaft erhalten, dass in der Stadt Davids der Retter geboren wurde. Auch sie gingen eilends zum Stall, um zu sehen, was da geschehen war.

Diese adventliche Bewegung geht von Gott aus und hat nichts zu tun mit Hektik, Zeitnot oder Stress. Es ist eine Bewegung, die ganz sachte entsteht und von innen kommt, die antreibt und einem dann aber richtig Beine macht. Wenn Gott im Kommen ist, dann darf man sich von nichts aufhalten lassen, deshalb gehen sie im Evangelium alle eilends, denn da kommt was auf uns zu, Gott.

Wir sollten uns nicht hinsetzen und warten bis Weihnachten über uns kommt, sondern wie beim Treffen guter Freunde nach langer Zeit aufeinander zugehen, den ersten Schritt machen, heraustreten aus unserer Erstarrtheit und unserem Zögern. Nicht zurückblicken auf das Alte, Vergangene, kein Festhalten am Bisherigen und kein Bewahren um jeden Preis. Advent bewegt, innerlich und äußerlich, Gott kommt auf uns zu und wir gehen auf ihn zu. Ankunft ist eben mehr als Abwarten, es heißt sich auch selbst aufzumachen und Schwellen zu überschreiten.    

Pfr.i.E. Kay Lohse