Der brasilianische Pater Xavier Plassat war am 16.12.2017 als Botschafter der Adveniat Weihnachtsaktion "Faire Arbeit, Würde, Helfen" am Peter Breuer Gymnasium in Zwickau Er berichtete unseren Schülern über seine Arbeit in Brasilien. Er ist Experte auf dem Gebiet von Menschenrechten im Zusammenhang mit Erwerbsarbeit und setzt sich seit langen Jahren insbesondere für Arbeiter in sklavenähnlichen Beschäftigungsverhältnissen ein. Der Dominikaner kämpft seit 1983 zusammen mit der katholischen Landpastoral in Brasilien für die Rechte und die Befreiung von Arbeitssklaven.
Hier Auszüge aus einem Interview mit Xavier Plassat
Xavier Plassat: Wenn wir heute von moderner Sklaverei sprechen, dann ist das nicht mehr mit den Zuständen von vor 300 oder 400 Jahre zu vergleichen, als die Sklaverei meist noch legal war. Aber es gibt Analogien zu jener Zeit, wenn auch heute noch Menschen nicht wie Menschen behandelt werden, sondern wie Dinge. Da geht es vor allem um die Menschenwürde und um die Möglichkeit, ein angemessenes Leben zu führen.
In Amazonien zum Beispiel haben wir festgestellt, dass es über Zwischenhändler zu sklavenähnlichen Anstellungsverhältnissen kam, bei denen die Menschen quasi an die Farmen, auf denen sie arbeiteten, angekettet waren. Nicht mit realen Ketten, sondern mit Schulden, die ihnen aufgedrängt wurden. So etwas gibt es aber nicht nur im Amazonasgebiet, sondern auch in anderen Bereichen wie der Landwirtschaft, bei der Herstellung von Holzkohle oder im Bauwesen. Und in größeren Städten findet man auch solche Formen der sklavenähnlichen Arbeit.
Um das zu verstehen, muss man sich vorstellen, dass es sich um Menschen handelt, die von falschen Versprechungen angezogen werden. Sie leben unter schwierigsten Umständen: Sie haben keine eigenen Grundstücke, die sie bewirtschaften können, sie haben keine Schulbildung, sie leben unter schlechten gesundheitlichen Bedingungen und sind im Prinzip bereit zu jeder Arbeit, die ihnen hilft, sich aus dieser Lage zu befreien. Und dann kommen diese Zwischenhändler, die ihnen falsche Versprechungen machen und sie als Arbeitskräfte anwerben im Auftrag von Farmbesitzern oder Unternehmern aus der Bau- Stahl- oder Kleidungsbranche. Und die tun das deshalb, weil vor Ort entweder keine Arbeitskräfte vorhanden sind oder die dort nicht bereit sind, unter diesen Bedingungen zu arbeiten.
Xavier Plassat: Es gibt so viele Beispiele, die ich erlebt habe. Gerade vor kurzem wurden acht Arbeiter befreit in der Region Araguaína in Tocantins, wo ich lebe, und das waren vor allem Jugendliche und eine Frau mit einem Kind. Sie hatten noch nicht einmal eine Unterkunft, sie haben in einem Stall gelebt inmitten der Rinder. Sie hatten keine Matrazen dort, es gab keinen Schutz vor Regen, sie hatten kein Werkzeug für ihre Arbeit, dem Bestellen und Einfrieden der Weide. Und sie hatten dafür auch keine Schutzkleidung. Der Lohn wurde ihnen auch nicht gezahlt und wenn die jungen Menschen samstags und sonntags nicht zur Arbeit gegangen sind, dann mussten sie auch für ihre Lebensmittel zahlen. Über 52000 Menschen konnten wir aus sklavenähnlichen Verhältnissen befreien.
Tief beeindruckt und sichtlich bewegt verabschiedeten wir Xavier Plassat und wünschen Ihm für seine weitere Arbeit Gottes Segen.
R. Muck