Wir leben in einer Zeit, in der wir sehr auf Sicherheit ausgerichtet sind. Ja, wir versichern uns gegen alles, was auch nur irgendwie denkbar ist. Seit einiger Zeit denke ich auch wieder darüber nach, ob mein Versicherungsschutz noch ausreichend ist.
Während ich noch vor 20 oder 25 Jahren darüber gelacht habe, als der Versicherungsmakler mir eine Versicherung gegen Hochwasser und Erdrutsch aufschwatzen wollte, obwohl ich ziemlich weit weg vom nächsten großen Gewässer und nicht unterhalb eines Berges wohne, denke ich nun im Zuge von Klimawandel und Extremwetterereignissen ein wenig anders darüber. Nach den Bildern wie erst kürzlich aus Spanien oder die uns aus Ahrweiler wahrscheinlich alle noch vor Augen stehen, aber auch die Bilder, die sich bei uns Älteren von der Jahrhundertflut 2002 hier bei uns eingeprägt haben, machen nicht nur nachdenklich, sondern drängen geradezu danach etwas zu tun.
Wahrscheinlich auch, um wenigstens das Gefühl zu haben sicher leben zu können. Und so fordern auch immer mehr Versicherer, dass man sich eben gegen diese Extremwetterereignisse versichert und auch wenn man meint, es wird einen schon nicht treffen, so wäre dann ein Schadensfall wahrscheinlich noch fataler als er so schön ist.
Aber nicht alle denken so. Vor einigen Jahren war ich wieder einmal in Neapel und wir haben eine Fahrt auf den Vesuv unternommen und der Begleiter unserer Gruppe erzählte von der Gefahr, die von diesem Vulkan ausgehe. Er selbst arbeitete hauptberuflich in dem Institut, das sich mit dem Vulkan und seinen Aktivitäten beschäftigt. Und vielleicht war es auch ein wenig, um die Fahrt noch ein wenig attraktiver zu machen, jedenfalls wurde man zunehmend bei seinen Erzählungen immer unruhiger und fragte sich, ob man wirklich auf diesen Vulkan hinauffahren möchte.
Ich habe ihn dann gefragt, weil mir das gerade so in den Sinn kam, ob es denn hier in Neapel eine Versicherung gebe, mit der man gegen einen Vulkanausbruch sein Haus und sein Hab und Gut schützen könne, worauf er mich nur auslachte und meinte, dass kein Mensch hier Neapel auf die Idee käme sich gegen einen Vulkanausbruch zu versichern und wahrscheinlich auch kein Versicherer eine solche Versicherung anbieten würde, in Dtl. geht das.
Gegen manche Dinge kann man sich eigentlich nicht versichern und wenn, dann ist es nur ein scheinbarer Schutz, denn viele Dinge und nicht zuletzt das menschliche Leben sind unersetzlich und schon gar nicht mit Geld aufzuwiegen. Man denke nur einmal an einzigartige Kunstschätze, die gestohlen wurden, der Keltische Goldschatz von Manching, der wohl eingeschmolzen und verkauft wurde oder Erinnerungsstücke aus dem eigenen Leben? Sind sie weg, macht es kein Geld der Welt wieder gut.
So ist es wohl auch kaum möglich sich auf das Martyrium vorzubereiten, denn genau darum geht es in dem Text des Evangeliums, das wir eben hörten. Da werden ausgearbeitete Verteidigungsreden, eingeübte Reaktionen und gewohnte Verhaltensregeln versagen. Diejenigen, die die Macht haben, die mit Schmerz und Gewalt die Zeugen Gottes quälen, haben immer effizientere Methoden und selbst wir Christen sind da sehr einfallsreich gewesen. Jedenfalls wurde mir das im Herbst beim Besuch der Burg Pappenheim bewusst, in der es eine unglaubliche Folterkammer gab und man staunt auf welche Ideen Menschen kommen können, um andere Menschen zu etwas zu bewegen, von sich zu überzeugen oder einfach nur zu quälen.
Es gibt keinen funktionierenden Plan, es gibt nur ein sich einüben in das Vertrauen, dass ist am Ende doch alles gut werden wird. Darum verweist auch Jesus die Jünger auf dieses Gottvertrauen
Und wie soll das gehen? Gute Frage! Es gibt die Gewissheit von Gottes Gegenwart, selbst in den dunkelsten und finstersten Stunden, was man sich aber wohl an jedem neuen Tag auch wieder neu bewusst machen muss, damit sie dann auch da ist, wenn die Gewissheit zu schwinden droht.
Wie geht das? Es gibt Worte, die Wunder wirken können. Es gibt das Licht, das inmitten der Nacht aufleuchtet. Es gibt ein Lied, das von Glück und Liebe singt.
Ich hatte erst überlegt, ob ich das Martyrium mit dem Weg zum Abitur vergleiche, schließlich ist das ja heute der Gottesdienst, der euch als Jahrgang das letzte Mal so im Schulalltag zusammenführt und dann fast schon in die Abiturzeit entlässt, denn das Vorabitur ist ja schon in greifbarer Nähe. Aber letztlich war mir dieser Vergleich dann doch zum einen etwas zu banal und zum anderen wiederum zu dramatisch.
Das Abitur mag zwar streckenweise wie ein Weg zum Martyrium anmuten, doch letztlich ist es einfach ein zu Recht anstrengender Weg an dessen Ende, so hoffen wir doch für alle, das Abitur steht und damit vielmehr etwas positives und bekanntlich weiß man die Dinge viel mehr zu schätzen, die man sich hart erarbeiten musste als die, welche einem in den Schoß fielen.
Also nutzt die Zeit noch einmal innezuhalten, nicht alle haben das Glück hier ein Abitur ablegen zu können, dafür gibt es die unterschiedlichsten Gründe, nicht alle haben das Glück ein erfülltes Leben führen zu können. Mit unserer kleinen Gedenkecke dort drüben erinnern wir an sechs von ihnen, die auch einmal hier mit uns auf dem Weg waren. Gerade in dieser Woche nach dem Ewigkeitssonntag ist noch einmal die Zeit dafür auch an sie zu denken.
Bald beginnt mit dem 1. Advent nicht nur ein neues Kirchenjahr. Nicht nur bald, sondern schon recht bald, ein neuer Abschnitt in eurem Leben, auch werden überhaupt wieder neue Anstrengungen anstehen, wollen Probleme gemeistert werden und Hürden überwunden. Man kann sich auch heulend davorsetzen oder ohnmächtig um Hilfe schreien, man kann aber auch auf Gott vertrauen das Leben zuerst in die eigenen Hände nehmen und dann ganz in die Hände Gottes legen. Einfach vertrauen und loslegen, es liegt an jedem Einzelnen, eine Gewähr gibt es nicht, nur Vertrauen.
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
(Es gilt das gesprochene Wort!)
Pfr.i.E. Kay Lohse